Anthroposophie und Geisteswissenschaft

"Man sieht überall noch an den Zuständen des heutigen Menschen, wie man zurückgehen kann in alte Zustände. Und so habe ich Ihnen also heute geschildert, wie nach und nach sich entwickelte Mensch, Tier, Pflanze, Mineral, indem der Weltenkörper, auf dem sich das entwickelte, immer fester und fester wird."

 Was ist Anthroposophie? Und was ist Geisteswissenschaft?

 

Anthroposophie ist in vieler Munde viele glauben zu wissen, was sie sei, ohne dies genauer formulieren zu können Waldorfschulen sind den meisten bekannt, von Demeter-Landwirtschaft und anthroposophischer Medizin haben viele gehört, und der Name Rudolf Steiner ist ebenfalls vielen Menschen geläufig.

 

Doch was ist Anthroposophie wirklich?
Wörtlich übersetzt heißt sie: "Weisheit im Menschen". Die Grundlage dieser Anthroposophie ist eine Geisteswissenschaft. Dabei darf nicht übersehen werden, dass Rudolf Steiner den Begriff "Geisteswissenschaft" grundlegend anderes verwendet, als wir es heute gewöhnlich tun, nämlich Wissenschaft von der geistigen Welt und von deren Wesenheiten.


Dies ist im Übrigen eine grundlegende Herausforderung, dass Rudolf Steiner Begriffe anders verwendet, als wir dies heutzutage tun. Darin können tiefgreifende Missverständnisse wurzeln, wenn man Worte wie beispielsweise Geisteswissenschaft oder Empfindung aus dem Kontext von Steiners Werk herausnimmt.

 

In diesem Sinne ist "Anthroposophie" also die Anwendung dieser Geisteswissenschaft auf den Menschen bzw. im praktischen Leben: Waldorfschule, biologisch-dynamische Landwirtschaft, anthroposophische Medizin usw.

 

An der Schwelle, wo die großen Naturwissenschaftler stehenblieben, ging Rudolf Steiner weiter, überzeugt davon, dass man die geistige Welt, also im weitesten Sinne die übersinnlichen Daseinsbereiche, genauso systematisch und wissenschaftlich erforschen kann wie unsere Sinneswelt: Das ist "anthroposophische Geisteswissenschaft".

 

Anthroposophie ist eine Methode der individuellen Bewusstseinsentwicklung, »ein Erkenntnisweg, der das Geistige im Menschenwesen zum Geistigen im Weltenall führen möchte.“                                                                                                          
                                                                                                                      (
Rudolf Steiner, GA 26, S.14)

 

Anthroposophie ist kein fertiges Lehrgebäude, ist nichts, was man annehmen und glauben könnte – auch wenn viele dies so betrachten sondern kann nur durch individuelles Verständnis immer wieder neu errungen werden.

 

So sagte Steiner: »Und so möchte man eigentlich, dass Anthroposophie jede Woche einen anderen Namen haben könnte, damit sich die Leute gar nicht gewöhnen können an all das, was aus einer Namensgebung folgt.«
                                                                                                                (Rudolf Steiner, GA 259, S.173f.)

 

Rudolf Steiner hat ein umfangreiches erkenntnistheoretisches und praktisches Werk hinterlassen. Dies kann jedoch nicht bedeuten, dass man dieses Werk lediglich liest und sich mit fremden Federn schmückt. Es ist notwendig, es mitzudenken, um die entsprechenden Fähigkeiten zu entwickeln und dann mit diesen Fähigkeiten immer selbständig neu zu denken. Nach und nach kann dann die anthroposophische Geisteswissenschaft in die Lebenspraxis jedes einzelnen und aller Menschen umgesetzt werden.

 

Steiner schrieb dazu:

„Wendet an den alten Grundsatz:

‚Geist ist niemals ohne Materie, Materie niemals

ohne Geist’ in der Art, daß ihr sagt:

Wir wollen alles Materielle im Lichte des Geistes tun,

Und wir wollen das Licht des Geistes so suchen,

Daß es uns Wärme entwickele für unser praktisches Tun.“

                                                        (Rudolf Steiner, GA 297, S.116f)

 

Wesentliche Grundlage der anthroposophischen Anschauung sind die vier Wesensglieder des Menschen: der physische Leib, der Ätherleib, der Astralleib und das Ich. Durch diese vier Glieder kann sich der Mensch auf der Erde ausleben und steht damit als Individuum und Geistwesen in Verbindung mit den verschiedenen Ebenen des Daseins. Zu erfahren, für welche Qualitäten diese vier Wesens-Glieder oder/beziehungsweise Wesens-Ebenen stehen, diese selber mit Leben zu füllen, ist ein wesentlicher Bestandteil eines "Anthroposophischen Schulungsweges".

 

Aufgabe des modernen Menschen ist es, das praktische Leben aus geistgemäßer Erkenntnis so heraus zu begreifen,  dass es in seine Zukunft verwandelt wird. Selbsterziehung ist Grundlage für die Entwicklung des Lebens, der Menschen und der Erde. Was zu tun ist, kann jeder nur aus sich  selbst heraus tun. Das Geistige in unserem Leben und in der Welt ist da, wenn ich es mir selbst erarbeite.


Selbsterkenntnis ist dementsprechend immer auch Welterkenntnis und Welterkenntnis ist immer auch Selbsterkenntnis.